Nach zuletzt sechs sieglosen Spielen in Folge konnte Arminia Bielefeld gegen den bekanntermaßen auswärtsschwachen Aufsteiger SSV Reutlingen den zweiten Pflichtspielsieg im Jahr 2001 einfahren. Die Art und Weise, in der der Gegner über weite Strecken dominiert und der Sieg souverän herausgespielt wurde, machte den Bielefelder Fans wieder Hoffnung auf den Klassenerhalt. Der Weg dorthin wurde jedoch auch durch diesen Sieg nicht wesentlich kürzer, da die unmittelbaren Konkurrenten aus Mainz, Stuttgart und Osnabrück am nächsten Tag ebenfalls punkten konnten.
Vor dem Spiel beteiligten sich tausende von Fans an einer großangelegten Protestaktion der bundesweiten Fan-Initiative "pro 15:30", die sich gegen die von den Fernsehanstalten verschuldete Zersplitterung der Spieltage und für eine Rückkehr zur einheitlichen Anstoßzeit der Bundesliga um 15:30 am Samstagnachmittag einsetzte. In allen Stadien der deutschen Profifußballvereine wurde an diesem Wochenende gegen die Fan-unfreundlichen Ansetzungen von Spielen am Samstagabend und Sonntagabend sowie gegen die erst recht ungeliebten Zweitligaspiele am Montagabend protestiert. In Bielefeld hing vor der Südtribüne ein großes Plakat mit der Aufschrift "Samstag Fußball - Sonntag Kirche - Montag Arbeit". Im ganzen Stadion wurden beim Einlaufen der Mannschaften bis zum Anstoß Papiertafeln mit der Aufschrift "15:30" hochgehalten.
Arminia begann das Spiel druckvoll und erspielte sich schnell Feldvorteile. Die Gäste aus Reutlingen lauerten dagegen auf Konter, die sie in der Anfangsphase zu einigen gefährlichen Angriffen nutzen konnten. Durch eine riskante Abwehraktion im eigenen Strafraum hätte Marcio Borges um ein Haar dazu beigetragen, den Gästen zu einer frühen Führung zu verhelfen. Borges konnte jedoch seinen Fehler selbst wieder wettmachen und vor dem Reutlinger Angreifer Olivier Djappa klären, der dabei zwar im Strafraum zu Fall kam, für diese Szene aber zu Recht keinen Elfmeter zugesprochen bekam.
Kurze Zeit später folgte der große Auftritt von Arminias Mannschaftskapitän Bruno Labbadia, der innerhalb von nur vierzehn Minuten mit einem lupenreinen Hattrick das Spiel bereits zugunsten der Bielefelder entschied. Zunächst traf Labbadia in der 9. Minute nach einem schönen Spielzug über Markus Weissenberger und einem präzisen Querpaß des Österreichers zum 1:0. In der 19. Minute überwand Labbadia Reutlingens Torwart Goran Curko mit einem herrlichen Schuß von der rechten Strafraumseite ein zweites Mal, und nur vier Minuten später erzielte er auch den dritten Treffer für Arminia Bielefeld. Nachdem Goran Curko einen Schuß von Massimiliano Porcello nur ablenken konnte, stand Labbadia im Strafraum goldrichtig und brauchte den Ball nur noch zur 3:0-Führung einzuschieben.
Die Reutlinger gaben sich angesichts des deutlichen Rückstandes jedoch nicht auf, sondern kamen sowohl zwischen den Toren als auch danach bis zur Pause immer wieder zu Konterchancen. Diese blieben zwar ungenutzt und endeten abgesehen von einem knapp am Tor vorbeistreichenden Schuß von Olivier Djappa zumeist bereits vor dem Torschuß in der Bielefelder Abwehr. Da der wenig erfahrene Schiedsrichter Frank Minskowski aus Hanstedt jedoch bei jeder Gelegenheit auf Freistoß für Reutlingen entschied, kamen die Gäste mehrfach zu guten Chancen durch Freistöße, die aber ebenfalls vergeben wurden.
Auf der anderen Seite kam auch Arminia noch vor der Pause zu einer Reihe von guten Torchancen, bei denen die Führung eigentlich noch hätte ausgebaut werden müssen. Arminias Angreifer verfehlten aber entweder ihr Ziel oder scheiterten an Goran Curko. Nach der Pause flauten die Bielefelder Angriffsbemühungen etwas ab, und die Reutlinger kamen zusehends besser ins Spiel. Angesichts der deutlichen Führung schlichen sich einige Nachlässigkeiten in das Spiel der Hausherren ein, die den Reutlingern abermals die eine oder andere Torchance ermöglichten. Die Gäste erspielten sich im Verlauf der zweiten Halbzeit zusehends eine Feldüberlegenheit, die zu mehreren brenzligen Szenen vor dem Bielefelder Tor führte.
Arminia blieb allerdings durch Konter stets gefährlich, und besonders in der Schlußphase hätte die Führung noch ausgebaut werden können. Statt dessen erzielte jedoch der SSV Reutlingen in der 82. Minute durch Olivier Djappa den mittlerweile verdienten Ehrentreffer. Djappa wurde bei einem schnellen Reutlinger Angriff von seinem Gegenspieler nicht hinreichend gedeckt und hatte somit keine Mühe, nach einem Querpaß im Strafraum den Ball zum 1:3 aus Sicht der Gäste im Tor zu versenken.
Danach entwickelte sich in den Schlußminuten ein offener Schlagabtausch mit Chancen auf beiden Seiten, bei denen der sicher geglaubte Sieg für die Bielefelder noch einmal in Gefahr zu geraten schien. Jedoch vergaben die Reutlinger ihre letzten Chancen ebenso, wie die Bielefelder auf der anderen Seite die vorhandenen Möglichkeiten zum Ausbau der Führung nicht nutzen konnten. Einen großen Anteil daran hatte der Reutlinger Abwehrspieler Torsten Traub, der in der 87. Minute den allein auf das Tor zustürmenden Artur Wichniarek kurz vor dem Strafraum mit einer brutalen Notbremse zu Fall brachte und dafür zu Recht die rote Karte sah.
Wichniarek mußte eine Zeit lang behandelt werden, spielte danach kurz weiter, mußte schließlich aber noch vor dem Ende der regulären Spielzeit ausgewechselt werden. Der auf das Foul folgende Freistoß verfehlte das Tor nur um wenige Zentimeter. Da auch die weiteren Torchancen, die sich im Zuge der nun folgenden Bielefelder Schlußoffensive ergaben, nicht genutzt werden konnten, blieb es bis zum Abpfiff bei einem aufgrund einer überzeugenden Leistung insgesamt verdienten 3:1-Sieg für Arminia Bielefeld.
Besondere Erwähnung verdienten in diesem Spiel neben dem dreifachen Torschützen Bruno Labbadia auch der im Mittelfeld stets souverän agierende Andre Hofschneider sowie der junge Massimiliano Porcello, der über die gesamten 90 Minuten eine überzeugende Leistung bot und viel frischen Wind in das Spiel der Bielefelder brachte. Angesichts von Diskussionen über einen anstehenden Generationswechsel in der Mannschaft lieferte Porcello damit ein paar überzeugende Argumente dafür, daß er in nicht allzu ferner Zukunft eine feste Rolle als Stammspieler bei Arminia einnehmen könnte.
Im Lager der auswärts bereits zum neunten Mal in dieser Saison besiegten Reutlinger machte dagegen ein Mann eine nicht ganz so gute Figur. Arminias Ex-Torwart Goran Curko erlebte bei seiner Rückkehr auf die Bielefelder Alm nicht nur sportlich einen rabenschwarzen Tag, sondern wurde auch vom heimischen Publikum bei jeder Ballberührung gnadenlos ausgepfiffen. Offenbar hatte niemand auf den Rängen seine beleidigenden Gesten gegenüber dem eigenen Publikum vergessen, die vor einem halben Jahr im Heimspiel gegen Waldhof Mannheim zu seiner Entlassung wegen vereinsschädigenden Verhaltens geführt hatten.
Curko, der sich die ganze zweite Halbzeit lang ersichtlich nicht traute, auch nur einmal in die Richtung des Bielefelder Fan-Blockes zu blicken, bewies nach dem Spiel, daß er aus seinem damaligen Fehlverhalten nichts gelernt hatte. In einem Interview des Fernsehsenders DSF bezeichnete er die Bielefelder Fans als einen Haufen Besoffener, die nicht einmal dazu fähig seien, ihn richtig auszupfeifen. Nachdem Curko in seinem letzten Spiel für Arminia bereits als der erste Spieler Geschichte machte, der die Arbeit verweigerte und sich selbst auswechselte, gab sich Curko in seiner Erregung und Wut auf die Bielefelder Fans damit erneut der Lächerlichkeit preis - als der erste Spieler, der sich darüber beschwerte, daß er nicht laut genug ausgepfiffen wurde...
Mannschaftsaufstellungen:
Arminia Bielefeld: Hain, Reinhardt, Friedrich, Borges (58. Gansauge), Hofschneider, Dammeier, Porcello, Weissenberger, Wichniarek (90. Wück), van der Ven (74. Bode), Labbadia.
SSV Reutlingen: Curko, Agu, Malchow, Traub, Janic, Barborik (46. Hofacker), Lapaczinski (68. Lexa), Aduobe (87. Cast), Becker, Hoffmann, Djappa.
Schiedsrichter:
Frank Minskowski (Hanstedt)
Tore:
1:0 Labbadia (9.), 2:0 Labbadia (19.), 3:0 Labbadia (23.), 3:1 Djappa (82.)
Zuschauer:
9.205