DSC Arminia Bielefeld - 1. FC Nürnberg 1:2

Gegen den Tabellenführer aus Nürnberg kassierte der DSC Arminia Bielefeld die erste Heimniederlage der laufenden Zweitligasaison und rutschte damit in der Tabelle vom zweiten auf den fünften Platz ab. Die 15.087 Zuschauer auf der Bielefelder Alm sahen nach der Niederlage beim FC St.Pauli erneut eine indiskutable Leistung ihrer Mannschaft, die über weite Strecken sowohl Kreativität als auch Kampfgeist vermissen ließ. In dieser Form droht Arminia schon bald den Kontakt zur Spitzengruppe der Liga zu verlieren und in den nächsten Wochen weiter nach unten durchgereicht zu werden.

Beide Mannschaften begannen das Spiel zunächst sehr verhalten. Die Nürnberger schienen erst einmal abzuwarten, während Arminia frühzeitig deutlich werden ließ, daß an ein überragendes Spiel an diesem Montagabend nicht zu denken sein würde. Zu einfallslos wirkten bereits die ersten zaghaften Angriffsversuche, und außer langen Bällen auf die beiden Spitzen Ilija Aracic und Bruno Labbadia waren zunächst keine offensiven Aktionen zu verzeichnen. Das Spiel der Gastgeber wirkte weitgehend berechenbar und bereitete der Nürnberger Abwehr keinerlei Probleme. Auch bei einigen Eckbällen standen die Gäste sicher, so daß keine Gefahr für das Tor von Andreas Köpke aufkam.

Erst gegen Mitte der ersten Halbzeit kamen die Bielefelder zu ihren ersten nennenswerten Angriffen, nachdem sie ihr Offensivspiel stärker auf die Außenbahnen verlegt hatten. Nach einer Flanke von Jörg Bode von der rechten Seite, die Torwart Köpke unterschätzt hatte und daher dem Ball mit der Hand keine hinreichende Richtungsänderung mehr geben konnte, kam Christian Wück im Strafraum aus etwa zehn Metern frei zum Schuß. Der bereits am Boden liegende Nürnberger Torwart warf sich jedoch dazwischen und lenkte den Ball mit einer Glanzparade noch über die Latte.

In der Folgezeit sorgte in erster Linie Christian Wück mit seinen Vorstößen auf der linken Seite für Gefahr. Die Nürnberger Abwehr stand jedoch sehr sicher und vermochte ein ums andere Mal im Strafraum vor den heranstürmenden Bielefelder Angreifern zu klären. Der einzige nennenswerte Bielefelder Torschuß resultierte daher aus einem schnellen Konter über die rechte Seite, verfehlte jedoch das Tor recht deutlich, nachdem Köpke bereits am Ball vorbeigehechtet war. Danach wurde dann der für die Nürnberger Hälfte eingesetzte Linienrichter zur Hauptfigur, der die Bielefelder innerhalb kurzer Zeit gleich mehrfach durch höchst zweifelhafte Abseitsentscheidungen stoppte. Das Publikum quittierte dies zunächst durch wütende Pfiffe, dann durch minutenlange ironische "Abseits, Abseits, Abseits"-Sprechchöre.

Als sich alle bereits auf ein torloses Unentschieden zur Pause eingestellt hatten, fiel quasi mit dem Halbzeitpfiff aus heiterem Himmel doch noch das 1:0 für Arminia Bielefeld. Ilija Aracic bediente Christian Wück aus der eigenen Hälfte heraus mit einem Steilpaß. Der schnelle Bielefelder Mittelfeldspieler löste sich von seinem Gegenspieler, lief allein auf das von Torwart Köpke gehütete Tor zu und überwand den herauslaufenden Nürnberger Keeper schließlich mit einem Heber von der Strafraumgrenze. Köpke war zwar noch mit dem linken Bein am Ball, konnte dem Ball jedoch keine entscheidende Richtungsänderung mehr geben, so daß dieser trotzdem seinen Weg ins Netz fand. Unter dem Jubel der überraschten Bielefelder Zuschauer verabschiedeten sich beide Mannschaften in die Halbzeitpause.

Mit Beginn der zweiten Hälfte schien jedoch bei den Bielefeldern jeglicher Offensivdrang verflogen zu sein. Die Hausherren kamen praktisch die gesamte zweite Halbzeit nicht mehr gefährlich vor das Nürnberger Tor. Nur bei ein paar Freistößen keimte beim Publikum noch einmal so etwas wie eine Hoffnung auf ein weiteres Tor auf. Einem Treffer am nächsten war dann auch Thomas Stratos in der 63. Minute mit einem weiten Freistoß aus zentraler Position, der jedoch knapp links am Nürnberger Tor vorbeistrich. Dies war gleichzeitig die einzige nennenswerte Bielefelder Chance in der gesamten zweiten Halbzeit.

Zu diesem Zeitpunkt war bereits der Ausgleich für die Gäste aus Franken gefallen. In der 51. Minute hatte Stürmer Martin Driller eine katastrophale Abwehraktion von Bastian Reinhardt zum Treffer zum 1:1 genutzt. Reinhardt hatte im Strafraum den Ball völlig unkontrolliert in die Mitte abgewehrt, der daraufhin nur wenige Meter vor dem Tor direkt vor Drillers Füßen landete. Der Nürnberger hatte keine Mühe, unhaltbar für Goran Curko zum Ausgleich einzuschießen. Angesichts der Einfallslosigkeit im Offensivspiel der Bielefelder witterten die Gäste nun ihre Chance auf mehr als einen Punkt in diesem Spiel und rannten ein ums andere Mal auf das Tor der Platzherren an. Trainer Klaus Augenthaler unterstützte dies durch die Einwechslung zweier frischer Offensivkräfte. In der 70.Minute brachte er Stürmer Christian Möckel für den bereits mit Gelb belasteten Gomis ins Spiel, sieben Minuten später auch noch Tavcar für Weigl.

Sein Gegenüber Hermann Gerland zögerte dagegen viel zu lange damit, durch eine Einwechslung dem Spiel seiner Mannschaft neue Impulse zu geben. Zwar liefen sich lange Zeit nicht weniger als sieben Spieler warm, allerdings wurde von diesen später einzig und allein der polnische Nachwuchsstürmer Artur Wichniarek an die Mittellinie gebeten. Dort mußte er nach dem Ablegen des Trainingsanzuges allerdings noch längere Zeit verharren, während die Gäste aus Nürnberg zweimal auswechselten. Auf der Südtribüne machten sich bereits erste Proteste breit, Block 5 rief im Chor "Artur! Artur!" und Toto von schwarzweissblau.de orakelte: "Der wechselt erst aus, wenn die Nürnberger noch ein Tor geschossen haben." Leider sollte Toto mit dieser Prophezeiung Recht behalten, denn noch bevor Wichniarek in der 80.Minute endlich eingewechselt wurde, erzielten die Gäste den Führungstreffer. Nach einer Ecke sprang der aufgerückte Abwehrspieler Nils-Eric Johansson höher als alle Bielefelder und köpfte vom Elfmeterpunkt zum 2:1 für die Gäste ein.

Dieser Treffer war gleichzeitig das Siegtor für den 1. FC Nürnberg. Die Arminen, von der Führung der Gäste sichtlich geschockt, waren danach auch weiterhin nicht in der Lage, auch nur einen einzigen durchdachten Angriff vor das gegnerische Tor zu bringen. Statt dessen ergaben sie sich zusehends in ihr Schicksal. Vom Kampfgeist, den die Mannschaft noch im Auswärtsspiel in Mainz gezeigt hatte, war diesmal keine Spur zu erkennen. Das logische Resultat war die völlig verdiente erste Heimniederlage der Saison. Die Zuschauer machten ihrem Unmut über die erneute völlig indiskutable Leistung der Mannschaft und das dritte sieglose Spiel in Folge mit anhaltenden "Gerland raus"-Rufen Luft. Auch nach Verlassen des Stadions nahmen viele diese Worte als Fazit des Spiels mit, und so wurde der Slogan "Gerland raus" unter anderem sogar zum Schlager auf einer Karaoke-Party im nahegelegenen Schloßhof.

Mit der gezeigten Leistung ist es nur eine Frage der Zeit, bis Arminia Bielefeld endgültig den Kontakt zur Tabellenspitze verliert und sich aus dem Kreis der Aufstiegskandidaten verabschieden muß. Neben einem eklatanten Mangel an kreativen Aktionen, den man nicht mehr nur allein auf das Fehlen des Österreichers Markus Weissenberger zurückführen kann, fällt in erster Linie auf, daß kein erfolgversprechendes taktisches Konzept zu erkennen ist. Angriffe erfolgen zumeist stur durch die Mitte, und wenn einmal ein Spieler auf den Außenpositionen Druck macht, so ist er dort meistens auf sich allein gestellt. Ein offensives Mittelfeld existiert praktisch nicht, weshalb die Stürmer zumeist vom Spiel abgeschnitten sind und in der Spitze allein auf verlorenem Posten stehen. Die meisten offensiven Aktionen basieren eher auf Zufall als auf planvollen oder gar einstudierten Spielzügen. Dazu kommt obendrein noch ein eklatanter Mangel an Kampfgeist und Einsatzwillen, insbesondere nach einem Rückstand.

Zu allem Überfluß läßt Trainer Hermann Gerland derzeit jegliches Gefühl für die Situation auf dem Spielfeld vermissen. Maßnahmen, die als ein planvolles Eingreifen des Trainers verstanden werden könnten, bleiben entweder völlig aus oder kommen, wie im Falle der Einwechslung von Wichniarek als drittem Stürmer, viel zu spät. Anstatt einmal etwas zu riskieren und damit vielleicht ein auf der Kippe stehendes Spiel noch herumzureißen, handelt er offenbar lieber gar nicht und macht gerade durch diese Unschlüssigkeit alles falsch. Noch steht das Präsidium im Gegensatz zu den Fans hinter dem Trainer, aber wenn sich die offenkundige Konzeptlosigkeit auch in den nächsten Spielen fortsetzen und zu weiteren vermeidbaren Niederlagen führen sollte, ist es nicht auszuschließen, daß Hermann Gerland bereits am Ende des Monats Oktober nicht mehr Trainer bei Arminia Bielefeld sein wird. Die kommenden Aufgaben beim gerade wiedererstarkenden LR Ahlen, zu Hause gegen Waldhof Mannheim und dann auswärts beim heimstarken Aufsteiger aus Reutlingen sind schwer genug. In diesen Spielen muß sich die Mannschaft jetzt beweisen. Im Monat Oktober wird sich zeigen, ob auf allen Gebieten die erforderlichen Qualitäten vorhanden sind, um auch weiterhin um den Wiederaufstieg in die Bundesliga mitspielen zu können.

Mannschaftsaufstellungen:

Arminia Bielefeld: Curko, Stratos, Reinhardt, Friedrich, Klitzpera (80. Wichniarek), Borges, Everson, Bode, Wück, Aracic, Labbadia.

1. FC Nürnberg: Köpke, Nikl, Kos, Johansson, Wiblishauser, Weigl (77. Tavcar), Störzenhofecker, Stoilas, Krzynowek, Gomis (70. Möckel), Driller.