FC St.Pauli - Arminia Bielefeld 2:0

Der erfolgreiche Spätsommer für den DSC Arminia Bielefeld mit vier Siegen aus fünf Spielen ist vorbei. Zum Herbstanfang gab es beim FC St.Pauli eine völlig verdiente 0:2-Niederlage, die angesichts der äußerst schwachen Leistung der Gäste auch noch höher hätte ausfallen können. Die 17.561 Zuschauer im baufälligen Stadion am Millerntor sahen bei bestem Wetter dagegen eine erneute starke Vorstellung des vor der Saison als Abstiegskandidat gehandelten FC St.Pauli, der seine Stellung als derzeit torgefährlichster Verein der zweiten Bundesliga wieder einmal unter Beweis stellte und damit weiterhin Kontakt zur Spitzengruppe hält.

Die mehreren hundert mitgereisten Bielefelder Fans sahen eine über weite Strecken des Spiels glattweg indiskutable Leistung ihres Teams, nach der man sich die Frage stellen muß, ob die nach den vier Siegen aus den ersten vier Spielen gegen relativ schwache Gegner aufgekommene Aufstiegseuphorie nicht arg verfrüht war. Insbesondere das Mittelfeld und der Sturm boten die schwächste Vorstellung der Saison. Glücklicherweise zeigte wenigstens die Abwehr zumindest in der ersten Halbzeit annähernd Normalform. In der zweiten Halbzeit verhinderte Torwart Goran Curko, der diesmal einen guten Tag erwischt hatte, eine durchaus mögliche höhere Niederlage.

Die Gastgeber erkämpften sich bereits frühzeitig eine deutliche Feldüberlegenheit, wobei ihnen zugute kam, daß das Mittelfeld der Bielefelder nicht nur spielerisch ein Totalausfall war. Im Gegensatz zur Arminia war bei den Spielern des FC St.Pauli ein unbedingter Einsatzwille erkennen, gepaart mit der Bereitschaft, aggressiv in jeden Zweikampf zu gehen. Mit einer überlegenen läuferischen wie kämpferischen Leistung machten die Hausherren die eigentlich vorhandenen größeren spielerischen Fähigkeiten der Bielefelder mehr als wett. Als Folge dieser Tatsache rollte im Verlauf der ersten Halbzeit ein Angriff nach dem anderen auf das Bielefelder Tor zu. Zunächst wurden diese von der anfangs guten Abwehr der Arminia allesamt frühzeitig abgefangen.

Doch bereits beim Herausspielen aus der Abwehr bekamen die Gäste oft Probleme. Die Kicker von der Reeperbahn störten frühzeitig das Aufbauspiel der Bielefelder, das aufgrund der schlechten Mittelfeldleistung ohnehin eher schleppend vorankam. Dennoch schafften die Arminen es in der ersten Halbzeit ein paar Mal, sich nicht nur aus der eigenen Hälfte zu befreien, sondern sogar zu Torchancen zu kommen, die jedoch keine wirkliche Gefahr für das von Torwart Weber gehütete Tor darstellten. Jörg Bode und Christian Wück vergaben die beiden einzigen Chancen, beide zielten zu schlecht und trafen nur neben das Tor.

Im weiteren Verlauf der ersten Halbzeit schnürten die Gastgeber die Arminen zusehends in deren eigener Hälfte ein. Nachdem die Brasilianer Everson und Marcio Borges bereits frühzeitig die gelbe Karte gesehen hatten, trauten sich die Abwehrspieler immer weniger, energisch in die Zweikäpfe zu gehen. Die Folge war über weite Strecken ein Power-Play der Hamburger, das zeitweise in minutenlangen Eckballstafetten gipfelte. Eine Eckenbilanz von 10:3 zur Halbzeit spricht Bände. Die Arminen waren bis zur Pause kaum mehr in der Lage, sich aus der eigenen Hälfte zu befreien. Daß es zur Pause noch 0:0 stand, hatten die Gäste dem Kopfballspiel der "langen Kerls" in der Abwehr sowie mit Übersicht spielenden Torwart Goran Curko zu verdanken.

In der Halbzeitpause versuchte Trainer Hermann Gerland, mit der Einwechslung von Stürmer Ilija Aracic für den enttäuschenden Everson für mehr Durchschlagskraft in der Offensive zu sorgen. Dieser Schuß ging jedoch nach hinten los, denn bereits in der 49. Minute erzielte Holger Wehlage den Führungstreffer für den FC St.Pauli. Von seinen Bielefelder Gegenspielern völlig alleine gelassen, ließ er Torwart Goran Curko bei seinem Schuß aus 14 Metern keine Chance. Von diesem Schock erholten sich die Bielefelder im weiteren Verlauf des Spiels nicht mehr. Lediglich einige zaghafte Angriffsversuche der Gäste waren zu verzeichnen, während auf der anderen Seite der FC St.Pauli weiterhin druckvoll auf das Tor der Arminia anrannte und erneut einen Eckball nach dem anderen zugesprochen erhielt. Gerade einmal zwölf Minuten nach dem ersten Tor fiel der zweite Treffer für die Gastgeber: Thomas Meggle ließ seinen Gegenspieler Andre Hofschneider geschickt aussteigen und überwandt Goran Curko mit einem präzisen Schuß ins lange Eck.

Zu diesem Zeitpunkt hatte Trainer Hermann Gerland bereits durch die Einwechslung von Mittelfeldspieler Massimiliano Porcello für den erneut sehr schwachen Stürmer Dirk van der Ven seine vorhergehende Stärkung der Offensive rückgängig gemacht - eine recht ungewöhnliche Maßnahme für eine in Rückstand liegende Mannschaft, bei der bereits fünf defensive Spieler auf dem Platz stehen. Van der Ven wurde übrigens auf dem Weg in die Kabine von den Bielefelder Fans mit gellenden Pfiffen bedacht. Da schon in der ersten Halbzeit nach nur 28 Minuten Roberto Straal für den angeschlagenen Thomas Gansauge ins Spiel gekommen war, hatte sich der Bielefelder Trainer durch die dritte Auswechslung bereits jeder Möglichkeit beraubt, noch einmal durch eine Einwechslung neue Impulse und mehr Leben in das Spiel der Arminia zu bringen.

So lief das Spiel während der verbleibenden halben Stunde weiter wie bisher. St.Pauli drängte weiter in Richtung Bielefelder Tor und kam zu einer ganzen Reihe weiterer Chancen, bei denen Torwart Goran Curko mehrfach sein ganzes Können aufbieten muszlig;te, um seine Mannschaft vor weiteren Gegentreffern zu bewahren. Die wenigen Entlastungsangriffe der Bielefelder endeten zumeist bereits an der Strafraumgrenze oder auch in den Spielfeldecken, wo sich die ziemlich alleingelassenen Flügelspieler ein ums andere Mal festrannten und sich nicht gegen ihre manchmal zwei oder drei Gegenspieler durchsetzen konnten. Auch bei Freistößen und nach Eckbällen blieben die Arminen durchweg harmlos, gelegentlich behinderten sie sich sogar gegenseitig. Alles in allem kam Arminia an diesem Tag zu keiner Zeit für einen Treffer in Frage. Da auch dem FC St.Pauli kein weiteres Tor gelingen wollte, blieb es bis zum Spielende beim 2:0 für die Gastgeber.

Nach dem Spielende wurden die Bielefelder Spieler von ihren eigenen Fans mit einem gellenden Pfeifkonzert bedacht. Einzig und allein Jörg Bode, der sich offenbar aufgrund seiner im Vergleich zum Rest der Mannschaft besseren Kämpferqualitäten auf dem Weg zum Publikumsliebling befindet, wurde mit "Jockel Bode Fußballgott"-Sprechchören verabschiedet. Als nach der Mannschaft Trainer Hermann Gerland als letzter den Innenraum des Stadions verließ, geriet dieser Abgang an den Arminen-Fans vorbei zu einem wahren Spießrutenlauf. Der Bielefelder Fanblock schmetterte ihm unüberhörbar ein vielstimmiges "Gerland raus! Gerland raus!" entgegen. Einige jugendliche Arminen brüllten sich dabei so in Rage, daß sie wutentbrannt gegen die metallene Absperrung zum Kabinengang traten. Für diese "Untat" wurden später zwei von ihnen von der herbeigeeilten Polizei festgenommen. Bei dieser Aktion zeigte die Hamburger Polizei ebensowenig Fingerspitzengefühl wie bei der anschließenden Straßenblockade vor dem Stadion, mit der nicht etwa die Fans der beiden Mannschaften voneinander getrennt wurden, sondern Fans beider Parteien auf beiden Seiten der Blockade einträchtig auf deren Aufhebung warteten bzw. sich auf die umliegenden Wohngebiete verteilten und sich dort teilweise verliefen.

Als Fazit dieser recht einseitigen Partie bleibt festzustellen, daß sich Arminia Bielefeld an diesem sonnigen Nachmittag in keiner Weise wie ein Kandidat für den Wiederaufstieg in die erste Fußball-Bundesliga präsentiert hat. Die an den Tag gelegte, völlig indiskutable Leistung läßt vielmehr für das kommende Spitzenspiel gegen den Tabellenführer aus Nürnberg auf der Bielefelder Alm das Schlimmste befürchten. Erstaunlicherweise geht Arminia trotz der verdienten ersten Saison-Niederlage als Tabellenzweiter in diese Begegnung, da die Verfolger aus Saarbrücken und Aachen an diesem Wochenende ebenfalls drei bzw. zwei Punkte abgeben mußten. Um in dieser Partie bestehen zu können, ist allerdings eine deutliche Leistungssteigerung erforderlich. Vielleicht könnte das heimische Publikum den entscheidenden Schub nach vorne geben, aber nur, wenn der für dieses Spiel geplante endgültige Umzug des Fanblocks auf die Hintertortribüne erfolgreich verläuft.

Mannschaftsaufstellungen:

FC St.Pauli: Weber, Scheinhardt, Stanislawski, Basic, Wehlage (73. Trejgis), Lotter, Trulsen (73. Stacek), Meggle, Rahn, Patschinski (83. Bajramovic), Klasnic.

Arminia Bielefeld: Curko, Klitzpera, Reinhardt, Borges, Gansauge (28. Straal), Hofschneider, Bode, Wück, Everson (46. Aracic), van der Ven (68. Porcello), Labbadia.