SSV Reutlingen - DSC Arminia Bielefeld 3:2

Trotz einer deutlichen Leistungssteigerung gegenüber den vorhergehenden Partien unterlag Arminia Bielefeld beim heimstarken Aufsteiger aus Reutlingen mit 2:3. Die Bielefelder, bei denen der neue Trainer Benno Möhlmann einige Umstellungen vorgenommen hatte, spielten in der Offensive mit mehr Kreativität und Effektivität als zuletzt. Hieran hatte nicht zuletzt die gegenüber der Ära von Möhlmanns Vorgänger Hermann Gerland geringere Zahl von Abwehrspielern einen gewichtigen Anteil. Arminia spielte zunächst mit vier, später nur noch mit drei gelernten Verteidigern. Dafür feierte nicht nur Tobias Schäper auf der linken Seite sein Debüt, sondern auch Michael Sternkopf kam zu seinem ersten Einsatz in der laufenden Saison und stellte eine deutliche Bereicherung für das Spiel der Bielefelder dar. Im Tor stand nach der fristlosen Entlassung von Goran Curko erstmals von Beginn an der erst 18jährige Dennis Eilhoff, der insgesamt eine gute Leistung ablieferte.

Die Arminen, die unter dem neuen Trainer gegenüber den zuletzt sehr schwachen Spielen wie ausgewechselt wirkten, begannen die Partie sehr druckvoll und mit einem geradezu ungewohnt erfrischenden Offensivgeist. Dies zahlte sich bereits nach anderthalb Minuten aus: Nach einer Flanke von Dirk van der Ven von der rechten Seite erzielte Bruno Labbadia per Kopf aus fünf Metern den Führungstreffer zum 0:1 für die Gäste aus Bielefeld. Der SSV Reutlingen zeigte sich von diesem frühen Rückstand jedoch keineswegs geschockt, sondern reagierte seinerseits mit gefährlichen Gegenangriffen. Nach einem Freistoß aus halblinker Position vor dem Strafraum verpaßte Alexander Malchow wenige Meter vor dem Tor den Ball mit dem Kopf nur knapp. Anschließend beschwerte er sich, daß er von Bastian Reinhardt umgerissen worden sei. Schiedsrichter Stefan Weber aus Eisenach sah die Sache jedoch anders und dachte gar nicht daran, diese völlig harmlose Szene mit einem Elfmeter zu ahnden.

In der Folgezeit entwickelte sich ein offener Schlagabtausch zwischen zwei sehr offensiv ausgerichteten Mannschaften. Den Anfang machte Arminia Bielefeld mit einer hochkarätigen Chance für Dirk Flock, der nach einem Doppelpaß mit Jörg Bode im Strafraum neun Meter vor dem Tor völlig freistehend zum Schuß kam. Obwohl er alle Zeit der Welt hatte, um maßzunehmen, verfehlte sein Schuß das von Keeper Marco Langner gehütete Gehäuse knapp.

In der 14.Minute war dann der SSV Reutlingen am Zuge. Nach einer harmlosen Flanke von der linken Seite, die im Strafraum keinen Abnehmer fand, gelangte der Ball zu Arminias Debütanten Tobias Schäper. Dieser spielte den Ball zurück in den eigenen Strafraum in Richtung von Arne Friedrich und Dennis Eilhoff, die beide den hinter Eilhoff stehenden Reutlinger Stefan Lexa übersahen. Lexa erkämpfte sich mit einem kurzen Sprint mühelos den Ball und flankte in die Mitte auf den von seinen Bielefelder Gegenspielern nicht konsequent genug gedeckten Reutlinger Torjäger Olivier Djappa, der keine Mühe hatte, aus zwölf Metern den Ausgleichstreffer zu erzielen.

In der 18.Minute folgte die nächste große Torchance für die Gäste aus Bielefeld. Nach einem Paß von Dirk Flock von der rechten Strafraumseite setzte sich Bruno Labbadia in der Mitte gegen zwei Reutlinger Verteidiger durch, scheiterte jedoch aus zwölf Metern an Torhüter Langner, der sich in den Schuß warf und den Ball mit dem linken Fuß hoch über das Tor lenkte. Nur eine Minute später hätte Tobias Schäper den erneuten Führungstreffer für die Bielefelder erzielen können. Eine Ecke von der rechten Seite nahm er zehn Meter vor dem Tor mit einem direkten Volleyschuß an, der jedoch links am Reutlinger Tor vorbeiging.

Im direkten Gegenzug konnte sich Dennis Eilhoff auszeichnen, als er einen Schuß von Ralf Becker, der im Strafraum nicht konsequent genug angegriffen wurde, mit einer schönen Parade zur Ecke lenkte. Die anschließende Ecke wurde kurz auf Aduobe gespielt, der von der rechten Strafraumgrenze nach innen flankte. Dort produzierte abermals Tobias Schäper, der in seinem ersten Zweitligaspiel noch sehr unsicher und unerfahren wirkte, einen gefährlichen Querschläger, den Alexander Malchow auf der linken Seite zu einem Kopfball aus vier Metern nutzen konnte. Torhüter Dennis Eilhoff reagierte zwar auch in dieser Szene glänzend und beförderte den Ball mit einer tollen Parade zurück ins Spielfeld, jedoch hatte der Ball in der Luft bereits äußerst knapp die Torlinie überschritten, so daß Schiedsrichter Weber den Treffer zur 2:1-Führung für den SSV Reutlingen anerkannte.

Trainer Benno Möhlmann reagierte einige Zeit später auf den Rückstand und brachte für Alexander Klitzpera, der in der Abwehr bis dahin keine besonders gute Figur gemacht hatte, Michael Sternkopf. Dieser absolvierte nach langer Zeit wieder sein erstes Spiel, nachdem er von Trainer Hermann Gerland sieben Monate lang nicht mehr berücksichtigt worden war und zuletzt sogar seit Saisonbeginn nicht mehr mit der Mannschaft trainieren durfte. Interimstrainer Frank Geideck hatte Sternkopf wieder am Training teilnehmen lassen, das er offenbar gleich so erfolgreich absolvierte, daß Benno Möhlmann ihm zutraute, das Spiel der Bielefelder anzukurbeln. Und dies mit Recht, denn Sternkopf bewies in der Folgezeit, daß seine Aussortierung unter Hermann Gerland offenbar ein großer Irrtum gewesen war, der mehr auf eine persönliche Abneigung des westfälischen Sturkopfes Gerland gegen den langhaarigen Lebemann Sternkopf als auf dessen angeblich fehlende sportliche Leistungsfähigkeit zurückzuführen war.

Arminia spielte trotz des Rückstandes auch weiterhin druckvoll nach vorne. Kurz vor der Pause hatte Bastian Reinhardt die große Chance zum Ausgleich. Nach einem Freistoß fast von der linken Eckfahne traf er mit einem Kopfball von der Fünfmeterlinie aber nur die Latte des Reutlinger Tores. Auch nach der Pause setzte sich der Bielefelder Ansturm weiter fort. Dies wurde noch dadurch unterstützt, daß Trainer Benno Möhlmann für den überforderten Debütanten Schäper mit Ilija Aracic einen dritten Stürmer ins Spiel brachte. Daraufhin erspielten sich die Gäste aus Bielefeld über weite Strecken der zweiten Halbzeit deutliche Feldvorteile, während sich die Heimmannschaft aus Reutlingen nunmehr im eigenen Stadion ganz auf das Konterspiel verlegte.

Die Konter der Elf von Trainer Armin Veh waren jedoch nicht ganz ungefährlich. Die erste Chance hatte Ralf Becker, der nach einem schnellen Gegenangriff über Djappa von einem Fehler von Arne Friedrich profitierte, dem der Ball zwischen den Beinen durchsprang. Becker hatte freie Bahn bis in den Strafraum, scheiterte dann jedoch mit seinem Schuß an Michael Sternkopf, der Übersicht und Einsatz bewiesen hatte und sich nach einem guten Sprint geschickt in die Schußbahn des Reutlingers warf.

Auf der anderen Seite führten die Bielefelder Angriffe jedoch ebenfalls nicht zu zählbaren Ergebnissen, weil die Aktionen der Gäste oftmals zu ungenau waren und sie dadurch kaum einmal einen Vorstoß mit einem gefährlichen Torschuß abschließen konnten. Beispielsweise zögerte Dirk van der Ven bei einem Alleingang gegen mehrere Reutlinger Abwehrspieler, selbst auf das Reutlinger Tor zu schießen, und spielte statt dessen einen schlecht gezielten Querpaß auf Bruno Labbadia, den dieser nie und nimmer hätte erreichen können. Wenig später ließ sich Ilija Aracic nach einem Freistoß von Detlev Dammeier von der rechten Seite im Fünfmeterraum von den ihn bedrängende Reutlingern Aduobe und Dressler so aus dem Konzept bringen, daß er den heranfliegenden Ball nicht erwischte und statt dessen zu Boden ging.

Nun waren wieder die Reutlinger an der Reihe. Zunächst narrte Olivier Djappa seinen Bielefelder Gegenspieler an der Strafraumgrenze mit einem Schuß aus der Drehung, der jedoch etwa drei Meter links am Tor vorbeirollte. In der 70.Minute stand dann erneut der Torjäger aus Kamerun im Mittelpunkt. Nach einem Konter über Becker zog Stefan Lexa aus etwa 20 Metern ab. Seinen Schuß konnte Bielefelds Torwart Dennis Eilhoff nicht festhalten, und Djappa erzielte im Nachsetzen den Treffer zur 3:1-Führung für den SSV Reutlingen.

Die Antwort der Bielefelder ließ nicht lange auf sich warten. Bereits zwei Minuten später spielte Michael Sternkopf von der rechten Seite den Ball in den Strafraum auf Dirk van der Ven, der mit einem geradezu brasilianisch anmutenden Hackentrick den aufgerückten Thomas Stratos perfekt in Szene setzte. Stratos überwand daraufhin Torwart Marco Langner mit einem Linksschuß aus etwa elf Metern in die rechte obere Ecke und erzielte damit den Anschlußtreffer zum 2:3 für die Gäste.

Ermutigt durch dieses Tor spielte Arminia weiterhin nach vorne. Auch die nächste große Torchance nahm ihren Ausgang bei Michael Sternkopf, der den Ball erneut von der rechten Seite in den Strafraum spielte, diesmal auf den in der 65.Minute eingewechselten Massimiliano Porcello. Dieser ließ seinen Reutlinger Gegenspieler stehen, lief ungehindert bis zur Grundlinie durch und spielte von dort aus eine präzise Vorlage auf den in der Mitte freistehenden Ilija Aracic. Der nachfolgende Torschuß des Kroaten strich jedoch um Millimeter am rechten Pfosten vorbei. Damit vergab Aracic die größte Chance zum Ausgleich für Arminia Bielefeld.

Da die Bielefelder jetzt hinten mehr und mehr aufmachten, kamen die Gastgeber in der Schlußphase wiederum zu mehreren gefährliche Konterchancen. So scheiterte Ralf Becker kurz vor Schluß nach einem Querpaß von Stefan Lexa völlig freistehend von der Strafraumgrenze an Dennis Eilhoff, der auch in dieser Szene seine Klasse durch eine Glanzparade unter Beweis stellte und den Ball zur Ecke lenkte. Dies war die letzte Chance des Spiels. Der SSV Reutlingen gewann gegen Arminia Bielefeld mit 3:2 und verließ damit im fünften Heimspiel der Saison zum fünften Mal als Sieger den Platz. Damit bleibt der Aufsteiger die heimstärkste Mannschaft der zweiten Liga.

Trotz der Niederlage präsentierte sich die Mannschaft von Arminia Bielefeld auf der ganzen Linie wesentlich besser als in den vorangegangenen Spielen. Vor allem der zuletzt kaum zu erkennende Einsatzwille und der so lange vermißte Offensivgeist lassen darauf hoffen, daß unter dem neuen Trainer Benno Möhlmann wieder bessere Leistungen zu erwarten sind und bald der Erfolg nach Ostwestfalen zurückkehrt. Praktisch alle Spieler ließen in Reutlingen wesentlich mehr Spielfreude erkennen, und vor allem der nach seinem Zwist mit Möhlmanns Vorgänger Hermann Gerland rehabilitierte Michael Sternkopf stellte eine deutliche Bereicherung für das Team dar.

Auffallend ist auch, daß unter Benno Möhlmann endlich diejenigen jungen Talente eine Chance bekommen, die unter dem angeblich als erfolgreicher Talentsucher bekannten Hermann Gerland zwar nach Bielefeld geholt wurden, dort jedoch nie zum Einsatz kamen und statt dessen auf der Ersatzbank, auf der Tribüne oder bei der Amateurmannschaft in der Verbandsliga versauerten. Möhlmann geht ohne jede Vorurteile an seine Arbeit heran und stellt die Mannschaft einzig nach den Trainingsleistungen auf, was in Verbindung mit einer wesentlich offensiver ausgerichteten Taktiv gegenüber den letzten Spielen zu einigen überraschenden Umstellungen geführt hat. Zwar führten diese mutigen Maßnahmen des neuen Trainers in Reutlingen noch nicht zu dem erhofften Erfolgserlebnis, die gezeigten Leistungen lassen jedoch hoffen, daß in Zukunft eine andere, erfolgreichere Arminia zu sehen sein wird als bisher. Reutlingens Trainer Armin Veh bezeichnete nach dem Spiel jedenfalls die Bielefelder Mannschaft als den bisher "mit Abstand stärksten Gegner", und sein Präsident Dieter Winko setzte noch einen drauf, indem er Arminia als "die beste Mannschaft, die ich in Reutlingen in den letzten Jahren gesehen habe" bezeichnete.

Mannschaftsaufstellungen:

SSV Reutlingen: Langner, Malchow (77. Cast), Lapaczinski, Traub, Agu, Aduobe, Becker (87. Hoffmann), Dressler (90. Wildmann), Lexa, Janic, Djappa.

Arminia Bielefeld: Eilhoff, Klitzpera (28. Sternkopf), Reinhardt, Friedrich, Stratos, Bode (65. Porcello), Schäper (46. Aracic), Dammeier, Flock, van der Ven, Labbadia.