Mit einem 4:2-Auswärtssieg beim FSV Mainz 05 bleibt Arminia Bielefeld auch nach dem vierten Spieltag Tabellenführer in der zweiten Fußball-Bundesliga und als einziges Team weiterhin ohne Punktverlust. Vor nur 5.341 Zuschauern im Stadion am Bruchweg lieferten sich beide Mannschaften einen offenen Schlagabtausch, den die Bielefelder letzten Endes aufgrund der besseren Chancenverwertung verdient für sich entschieden. Vor allem in der ersten Halbzeit sahen die Zuschauer an diesem lauen Spätsommerabend ein sehr unterhaltsames Spiel: Alle sechs Tore fielen vor der Pause.
Bereits vor Beginn der Partie hatten die etwa 100 mitgereisten Bielefelder Fans für allgemeine Erheiterung gesorgt, da einige von ihnen mit einem ausgeliehenen alten Linienbus der Stadtwerke Bielefeld angereist waren. Für die Mainzer bot sich damit ein ziemlich ungewohntes Bild, und auch zuvor auf der Autobahn betrachtete der eine oder andere Autofahrer dieses für eine Auswährtsfahrt doch eher untypische Gefährt mit ungläubigem Staunen, was der Stimmung im Bus anscheinend keinen Abbruch tat. Aufgrund zahlreicher Staus kamen die Linienbusfahrer nur wenige Minuten vor dem Spiel am Stadion an, während die anderen, mit richtigen Reisebussen gefahrenen Bielefelder teilweise zum Anpfiff zu spät kamen.
Damit hätten einige von ihnen auch schon fast das erste Tor verpaßt. Arminia Bielefeld begann wie schon in den letzten Spielen sehr druckvoll und kam schon in der Anfangsphase zu mehreren Chancen. Bereits die erste davon konnten die Gäste in der 4.Minute zur 1:0-Führung nutzen. Der an diesem Abend aufgrund des Ausfalls des verletzten Detlev Dammeier in ungewohnter Position im Mittelfeld eingesetzte Alexander Klitzpera setzte auf der linken Seite den Brasilianer Everson mit einem Steilpaß geschickt in Szene. Eversons Flanke nutzte Stürmer Dirk van der Ven, der den ebenfalls verletzten Ilija Aracic ersetzte, zu einem Direktschuß, den der Mainzer Torwart Dimo Wache nur unzureichend abwehren konnte. Den Abpraller nutzte Bruno Labbadia aus kurzer Distanz zum 1:0.
Die Bielefelder spielten nach dem Führungstreffer weiter druckvoll nach vorne, ließen in der Defensive jedoch die aus den vergangenen Partien gewohnte Sicherheit vermissen. Folgerichtig nutzten die Mainzer bereits in der 13. Minute ihre erste große Torchance zum Ausgleich. Dabei machte Arminias Torwart Goran Curko eine äußerst unglückliche Figur. Der Mainzer Christian Hock hatte auf dem linken Flügel seinen Bielefelder Gegenspieler überlaufen und versuchte nun, eine Flanke auf seine in Richtung Strafraum vorrückenden Mitspieler zu bringen, die ihm jedoch völlig verunglückte und an Freund und Feind vorbei auf das Bielefelder Tor zusegelte. Goran Curko machte jedoch keine Anstalten, den auf ihn zufliegenden Ball zu fangen, sondern schaute teilnahmslos zu, als ob ihn dies alles gar nichts anginge, wie der Ball praktisch direkt neben ihm ins Tor einschlug. Was er sich dabei gedacht haben mag, wird wohl auf immer sein Geheimnis bleiben.
In der Folgezeit entwickelte sich ein munteres Spiel mit Torchancen auf beiden Seiten, wobei jedoch die Bielefelder über weite Strecken das Geschehen dominierten. Nach mehreren vergebenen Gelegenheiten war es schließlich wie schon im Heimspiel gegen Oberhausen Alexander Klitzpera, der das zweite Tor erzielte. Nach einem Freistoß von Christian Wück sprang er bei einem Kopfballduell im Strafraum höher als sein Mainzer Gegenspieler und köpfte unhaltbar für den Mainzer Torwart in die rechte obere Torecke zum 2:1 ein.
Wer nun geglaubt hätte, daß die erneute Führung mehr Sicherheit in das Spiel der Bielefelder bringen würde, hatte sich getäuscht. Bereits im direkten Gegenzug erzielten die Mainzer den Ausgleich. Nach einem Stellungsfehler von Thomas Gansauge kam Jürgen Kramny vollkommen frei zum Schuß und nutzte dieses Geschenk zum abermaligen Ausgleich. Im Gegensatz zur vergangenen Saison bewiesen die Bielefelder jedoch trotz dieses erneuten Rückschlages Moral und absoluten Siegeswillen und spielten weiter nach vorne, anstatt sich entmutigen zu lassen und zu versuchen, das Unentschieden in die Halbzeit zu bringen.
Dieses energische Vorgehen wurde bereits in der 39.Minute belohnt, als Thomas Gansauge seinen Fehler beim 2:2 wieder wettmachen konnte, indem er nach einem Steilpaß des abermals sehr starken Christian Wück auf der linken Seite seinen Mainzer Gegenspieler überlief und aus spitzem Winkel an Torwart Dimo Wache vorbei zum 3:2 einschob. Die Mainzer, die angesichts des abermaligen Rückstandes jetzt ziemlich verunsichert wirkten, mußten vor der Pause sogar noch einen weiteren Gegentreffer hinnehmen. Bei einem schnellen Konter über Dirk van der Ven in der 45.Minute griffen die Mainzer Abwehrspieler den Bielefelder Angreifer nicht energisch genug an. Daher mußte Torwart Dimo Wache etliche Meter aus seinem Kasten hinauslaufen, um den Winkel zu verkürzen und den Schuß von van der Ven zu parieren. Wie schon beim ersten Gegentreffer konnte er den Ball jedoch nur viel zu kurz abwehren, und es war abermals Bruno Labbadia, der als erster zur Stelle war und aus wenigen Metern zur 4:2-Halbzeitführung abstaubte.
In der zweiten Halbzeit wurde das Spiel insgesamt schwächer und ärmer an Höhepunkten. Beide Abwehrreihen standen jetzt wesentlich sicherer und ließen den Gegner nicht mehr so leicht zu Torchancen kommen wie in der ersten Halbzeit. Die Mainzer spielten jetzt zunehmend druckvoller nach vorne und versuchten, den Rückstand noch aufzuholen. Die einzige Ausbeute war jedoch eine größere Anzahl von Ecken und Freistößen, die aber allesamt nichts einbrachten. Auf der Gegenseite kamen die Bielefelder immer wieder zu guten Konterchancen, bei denen jedoch die sich bietenden Möglichkeiten zum Ausbauen der Führung nicht konsequent genug genutzt wurden. Die Mainzer hatten außerdem Glück, daß Schiedsrichter Kreyer aus Hilden gegen Mitte der zweiten Halbzeit eine klare "Notbremse" an Bruno Labbadia ungeahndet ließ. So blieb es bis zum Ende des Spiels beim 4:2.
Mit diesem insgesamt hochverdienten Auswärtssieg untermauerte Arminia ihre Ambitionen auf den sofortigen Wiederaufstieg in die Bundesliga. Äußerst hoffnungsvoll stimmt dabei die Tatsache, daß sich die Mannschaft auch nach dem zweiten Ausgleich nicht mit dem Unentschieden zufrieden gab, sondern danach konsequent weiter auf Sieg spielte. Auch die Ausfälle der wichtigen Stammspieler Ilija Aracic, Detlev Dammeier und Marcio Borges sowie des immer noch verletzten Mittelfeldstars Markus Weissenberger konnte die Bielefelder nicht stoppen. Den meisten anderen Mannschaften der zweiten Liga dürfte es schwerfallen, gegen eine derart beständige und sowohl spielerisch als auch kämpferisch starke Arminia zu bestehen. Allerdings sollte man bei aller Freude über die vier Siege aus den ersten vier Spielen und die daraus resultierende Tabellenführung nicht übersehen, daß in Mainz die Abwehrleistung einiges zu wünschen übrig ließ und man es in der Offensive wie schon im Heimspiel gegen Oberhausen versäumte, etwas für die Tordifferenz zu tun.
Mannschaftsaufstellungen:
FSV Mainz 05: Wache, Klopp, Neustädter, Schierenberg (80. Schuler), Skrinjar (46. Demandt), Spyrka, Kramny, Hock, M. Friedrich, Ouakili, Thurk (73. Policella).
Arminia Bielefeld: Curko, Stratos, Friedrich, Reinhardt, Gansauge, Klitzpera, Bode, Everson (65. Hofschneider), Wück (80. Porcello), van der Ven (74. Diabang), Labbadia.