Nach zuvor drei sieglosen Spielen in Folge kam Arminia Bielefeld auch im Auswärtsspiel beim Tabellenletzten LR Ahlen nicht über ein Unentschieden hinaus. Der insgesamt recht glückliche Ausgleich fiel dabei erst in der vorletzten Minute. Die Bielefelder Mannschaft präsentierte sich über weite Strecken des Spiels keineswegs wie ein Favorit auf den Aufstieg in die erste Fußball-Bundesliga. Der abstiegsbedrohte Aufsteiger aus Ahlen war über weite Strecken mehr als ebenbürtig. Die Bielefelder wurden in vielen Szenen geradewegs vorgeführt und wirkten phasenweise selbst wie ein Absteiger.
Für Arminias Trainer Hermann Gerland geriet dieses Spiel von Anfang an zu einer Art Spießrutenlauf. Bereits vor dem Spiel riefen die meisten der etwa 3.000 mitgereisten Bielefelder Fans lautstark "Gerland raus". Auf zwei großen Transparenten forderten die Fans den Trainer mit den Worten "Gerland, zeig Würde - und machs wie Otto" auf, dem Beispiel von Otto Rehhagel beim 1.FC Kaiserslautern zu folgen und freiwillig seinen Rücktritt zu erklären. Angesichts der nach der Heimniederlage gegen den 1.FC Nürnberg erneut miserablen Leistung der Mannschaft wurden die Proteste der Anhängerschaft im Laufe des Spiels immer lauter und mündeten schließlich immer wieder in einem tausendstimmigen, wütenden "Wir haben die Schnauze voll!"
Das Geschehen auf dem Platz war auch nicht gerade dazu geeignet, die Laune der Bielefelder Fans zu verbessern. Die Mannschaft ließ zwar in der Anfangsphase des Spiels ein paar gute Ansätze erkennen und erspielte sich auch die erste Torchance. Nach guter Vorarbeit durch den ansonsten an diesem Tag eher blaß wirkenden Christian Wück setzte Bruno Labbadia den unter der Woche verpflichteten Dirk Flock perfekt in Szene. Der Neuzugang aus Bremen hätte den Ball nur noch an Ahlens Torwart Dirk Langerbein vorbei zum Führungstreffer für die Gäste einschieben müssen. Statt dessen schoß er jedoch wenige Meter vor dem Tor freistehend fast genau in Richtung des Ahlener Keepers, der kaum Mühe hatte, diese Chance abzuwehren.
Damit hatten die Bielefelder aber auch ihr Pulver schon verschossen. Für den Rest der ersten Halbzeit spielte nur noch die Mannschaft aus Ahlen, während die Gäste kaum noch aus ihrer eigenen Hälfte herauskamen. Die logische Folge dieser Feldüberlegenheit war eine Reihe vielversprechender Angriffe der Ahlener, die ein ums andere Mal durch haarsträubende Abwehrfehler der Bielefelder begünstigt wurden. Insbesondere Bastian Reinhardt erwischte einen rabenschwarzen Tag, bekam seinen Gegenspieler Cyrille Bella überhaupt nicht in den Griff, fiel allenfalls durch einige Fouls auf und wurde bereits in der 40.Minute verletzt gegen Alexander Klitzpera ausgewechselt.
Auf der anderen Abwehrseite mußte Arne Friedrich immer wieder zusehen, wie ihm der starke Ahlener Angreifer Markus Feinbier gleich mehrfach entscheidend entwischte. Bereits in der 16.Minute tauchte Feinbier erstmals frei vor dem Tor von Goran Curko auf, traf jedoch nur den Pfosten. Nach knapp einer halben Stunde mußte dann der Bielefelder Torhüter selbst sein ganzes Können beweisen, um bei einer weiteren Chance für den Ahlener Stürmer einen Gegentreffer zu verhindern. Sechs Minuten später war es dann jedoch soweit: Bastian Reinhardt ließ auf der linken Abwehrseite Zeljko Sopic ohne jede Gegenwehr flanken, und danach blieb es abermals Markus Feinbier vorbehalten, völlig ungehindert per Kopf die zu diesem Zeitpunkt längst verdiente Führung für Ahlen zu erzielen.
Kurz darauf war nicht nur für Reinhardt das Spiel zu Ende, der nach einem harten Zweikampf mit einer Platzwunde ins Krankenhaus gebracht werden mußte. Auch der Ahlener Sopic, der die Vorlage zum 1:0 gegeben hatte, verabschiedete sich kurz darauf in die Kabine - offenbar hatte er sich bei der Flanke leicht verletzt und konnte nicht mehr weiterspielen. Bis zur Pause wirkten die Ahlener dennoch weiterhin deutlich überlegen, ohne ihre optischen Vorteile jedoch in weitere zählbare Resultate ummünzen zu können.
Nach der Pause wandelte sich das Bild nur wenig zugunsten der Gäste aus Bielefeld. Die zu erwartende Pausenansprache von Hermann Gerland zeigte nur für kurze Zeit Wirkung. In diese Phase fiel eine Chance für Arminia, die für das Auftreten der Mannschaft an diesem sonnigen Samstagnachmittag bezeichnend war: Nachdem Dirk Flock sich auf der rechten Seite gegen seine Ahlener Gegenspieler durchgesetzt hatte, legte er mit einer mustergültigen Hereingabe auf den heranstürmenden Ilija Aracic auf, der jedoch bei seinem Schußversuch völlig unbedrängt über den Ball trat. Danach war für etwa 15 Minuten an weitere ernstzunehmende Bielefelder Angriffe nicht zu denken, bis in der 64.Minute Bruno Labbadia nach einer Ecke von Detlev Dammeier im Strafraum mit dem Kopf an den Ball kam. Sein Kopfball verfehlte das Ahlener Tor jedoch recht deutlich und stellte mithin ebenfalls keine wirkliche Gefahr für die Platzherren dar.
Die Angriffsbemühungen der Ahlener wurden während der zweiten Halbzeit kontinuierlich harmloser. Dieser Entwicklung versuchte der neue Trainer Peter Neururer dadurch entgegenzuwirken, daß er mit Feinbier und Arnold zwei seiner drei aufgebotenen Stürmer durch ihre Angreiferkollegen Krohm und Donato ersetzte. Dieser Mut zur Offensive sollte sich jedoch nicht auszahlen. Auf der anderen Seite wirkten die Einwechslungen von Arminias Trainer Hermann Gerland eher hilflos. Zwanzig Minuten vor Schluß kam der bei seinen letzten Einsätzen eher blasse Dirk van der Ven für den an diesem Tag wenig überzeugenden Christian Wück ins Spiel. Dieser Wechsel wurde von den Bielefelder Fans mit Pfiffen und abermaligen "Gerland raus"-Rufen bedacht. Sechs Minuten später brachte Gerland außerdem noch den jungen Massimiliano Porcello für Dirk Flock ins Spiel, der seine angedachte Rolle als Heilsbringer im Mittelfeld ebenfalls nicht ausfüllen konnte.
In der Schlußphase verließen die Ahlener ein wenig die Kräfte, so daß die Bielefelder in den letzten Minuten tatsächlich noch etwas Druck vor dem Tor der Gastgeber entfalten konnten. Daraus resultierten unvermittelt noch zwei der besten Chancen für Arminia im ganzen Spiel. Zunächst konnte Dirk Langerbein in der 87.Minute einen gefährlichen Kopfball von Alexander Klitzpera gerade noch über die Latte lenken. Zwei Minuten später stieg dann Dirk van der Ven nach einer Flanke von Detlev Dammeier zum Kopfball hoch und versenkte den Ball zum fast schon nicht mehr für möglich gehaltenen 1:1-Ausgleich für Arminia Bielefeld ins Netz. Von den mitgereisten Fans wurde dieser Treffer angesichts der katastrophalen Leistung der Mannschaft allerdings kaum mit Jubel bedacht. Statt dessen steigerten sich die "Gerland raus"-Rufe zu einem neuen Höhepunkt, und ein paar wütende junge Leute rissen fast den Zaun zwischen dem Gästeblock und dem Spielfeld nieder.
Angesichts der aufgeheizten Atmosphäre und der anhaltenden Unmutsäußerungen der Fans gegen den Trainer verschwand die Mannschaft nach dem Abpfiff geschlossen in der Kabine. Manager Heribert Bruchhagen erklärte in einem Interview, daß die Vereinsführung auch weiterhin am Trainer festhalten wolle. Hermann Gerland selbst bescheinigte sich selbst nach dem Spiel Kampfgeist und wollte von einem Rücktritt nichts wissen. Gerland wirkte sehr überheblich bei der Aussage, nach ein paar Siegen in Folge seien alle Geschehnisse des Tages und alle Kritik schnell wieder vergessen. Beide sollten jedoch mit ihren Aussagen am Ende nicht recht behalten.
Das Fazit dieses Spieles ist schnell gezogen. Arminia Bielefeld, als Favorit und Aufstiegskandidat angetreten, blamierte sich beim Tabellenletzten aus Ahlen bis auf die Knochen und hätte sich über eine Niederlage auch mit mehr als einem Tor Differenz nicht beklagen dürfen. Während im Sturm wie schon in den letzten Spielen kaum etwas zusammenlief, erwies sich diesmal auch die Abwehr der Bielefelder als alles andere als sattelfest. Von einer erfolgversprechenden Taktik war erneut keine Spur zu erkennen, und auch das Zweikampfverhalten ließ vielfach zu wünschen übrig. Die Spieler wirkten zeitweise völlig demotiviert und demoralisiert. Außer Torwart Goran Curko erreichte kein einziger Spieler auch nur annähernd seine Normalform. Auch Neuzugang Dirk Flock konnte kaum etwas zur Verbesserung beitragen.
Alles in allem war im Spiel der Mannschaft keine Tendenz für eine sportliche Weiterentwicklung mehr zu entdecken. Zu dieser Schlußfolgerung rang sich im weiteren Verlauf des Wochenendes schließlich auch der Vorstand des DSC Arminia Bielefeld unter Leitung von Präsident Hans-Hermann Schwick durch und zog daraus die Konsequenz, am Montagmorgen Hermann Gerland mit sofortiger Wirkung von seiner Aufgabe als Trainer zu entbinden.
Mannschaftsaufstellungen:
LR Ahlen: Langerbein, Vasiljevic, Daschner, Fengler, Feinbier (74. Krohm), Bella, Hamann, Rösele, Sopic (38. Schwanke), Schuster, Arnold (78. Donato).
Arminia Bielefeld: Curko, Stratos, Friedrich, Reinhardt (40. Klitzpera), Bode, Dammeier, Borges, Flock (76. Porcello), Wück (70. van der Ven), Aracic, Labbadia.